Autorenseite von Gerd Umhauer
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"Es kommt nicht darauf an, mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen, sondern mit den Augen die Tür zu finden." (Werner von Siemens)

Leseprobe

2014, 201 Seiten, 8,99 Buch, 3,45 Kindlle/Ebook

In früheren Reportagen und Recherchen über die Erfolgreichen und die Supererfolgreichen bin ich eher zufällig Menschen begegnet, die ein Abonnement auf Lebens- glück zu besitzen scheinen. Zuerst habe ich es übersehen. Und das hatte Gründe. Diese Menschen sind nämlich beseelt. In einem fort können sie Selbst­moti­vationen erzeugen, stark genug sie anzufeuern, tolle Gefühle hervorzurufen und entsprechende Befriedigung über ihren lustvollen Tatendrang zu erreichen, aber sie wissen es oft selbst nicht oder reden ungern davon, wenn überhaupt. Dabei scheinen solche Motivations­kaskaden zu funktionieren wie ein Perpetuum mobile des Glücks.

Weder bedienen sie sich fernöstlicher Meditationsmethoden noch eifern sie antiken Glücks­vorstellungen wie denen des Epikur oder der Stoa nach, sondern sind eher unscheinbare Zeitgenossen, die hoch­wirksame Glückspillen schlucken, die sie durch ihre Erfolgsmaschen oder Glücksdrehs selbst erschaffen. Offenbar sind sie unbewusst imstande, mit Hilfe der eigenen inneren Drogenapotheke am laufenden Band tolle Gefühle und lustvolle Antriebsenergien zu erzeugen.

Mehr und mehr begann ich mich für solche Lebenselixiere zu interessieren, die jenseits von purem Erfolgsdenken und -handeln Herz und Seele erfüllen. Was sind das für ominöse Maschen, die da praktiziert werden und ein Leben zu einem vielversprechenden Abenteuer machen? Welche geheimnisvollen Drehs ermöglichen es, Motivationen gleichsam nonstop zu produzieren und dabei Lust und Freude zu vermitteln? Wie generiert man, anders gefragt, unentwegt Antriebsenergien und kann dabei euphorisch sein, und zwar nicht nur einen Tag, ein Wochenende, einen Urlaub lang, nein jahre-, ja jahrzehntelang?

Dass sich das ganze Geheimnis hinter etwas Altbekanntem versteckte, nämlich in Lernabenteuern, wenngleich in außer­gewöhnlich raffinierter Verpackung, ahnte ich lange nicht.

Zum Beispiel fand ich Leute mit fortwährenden zwölfstündigen Arbeits­räuschen, die sie wie Freudenfeste erleben und ausnützen (Kap. 2). Ich stieß auf eine 52-jährige Frau, die nicht nur eine Jugendlichkeitsdroge zu besitzen scheint, (sie sieht aus wie höchstens dreißig), sondern die sich auch noch einem regelrechten Lernenthusiasmus verschrieben hat, der ihr eine Art Dauerglück verheißt (Kap. 3).

Je länger ich recherchierte, desto mehr kam zum Vorschein, dass wohl jeder, der aktiv mit etwas zu Werke geht, dauerhafte Hochstimmungen selbst erzeugen kann. Das aktive eifrige Beschäftigen mit etwas Interessantem dürfte eine Voraussetzung sein, und das Wissen um Katalysatoren und einige wichtige Erkenntnisse aus der neuro­biologischen For­schung am Gehirn helfen ganz entscheidend.

Aus den Storys der Menschen, mit denen ich sprechen konnte, kristallisierten sich nämlich erlebnishafte Auslöser für Dauer­motivationen heraus. Solche Katalysatoren können Interessen, Prägungen, Visionen, verrückte Ideen, aber auch Ängste oder persönliche Pein sein, so wie bei einer Chemiestudentin, die jahrelang mit ihrem Körper laborierte. Sie beschloss im Urlaub kurzerhand, das gesamte komplexe Handwerks­zeug der chinesischen Akupunktur zur Selbstbehandlung wie einen Sport zu erlernen, um sich selber helfen zu können, wo und wann es nötig war. Das war die Initialzündung in ihrem Leben, die schöne Gefühle geradezu wuchern ließ und lässt (Kap. 4).

Legt man die modernen Erkenntnisse aus der neurobiologischen Forschung zu Grunde, so ergibt sich ein geradezu sensationeller Tatbestand: Lernen im weitesten Sinne ist ganz eng mit unserem gehirninternen Belohnungssystem verbunden. Man kann auch sagen, unsere Riesenmasse an grauen Zellen ist eine Lust- und Motivationsmaschine, die uns fortwährend gute Gefühle schenkt, wenn wir uns in Lernprozesse stürzen und das Gehirn beschäftigen. Vielleicht gerade weil unser Geist so ungeheuer leistungs- und speicherfähig ist, hasst er den Zustand des Nicht-Lernens, der ätzenden Langeweile in seinen unendlichen Neuronennetzen umso mehr (Anhänge 1, 2, 3).

In Teil 2 habe ich über zwei Jahre hinweg mit drei Teilnehmern gleichsam ein „Lern-Glücks-Experiment“ durchgeführt. Da unser Gehirn so beschaffen zu sein scheint, dass durch simples Lernen Hochgefühle erzeugt werden, die sich mit denen von Verliebten vergleichen lassen, wollte ich eine Art Probe aufs Exempel machen. Drei Studenten haben sich an einem Projekt beteiligt, das sehr lern-, kommu­nikations- und zeitintensiv war und zu verwertbaren Ergebnissen führen sollte. So sollten unsere „Gehirne“ zwei Jahre lang (und darüber hinaus) mit Extraportionen euphorisierender Antriebsenergien gefüllt werden. Lesen Sie selbst.

Mitzuerleben, wie Frauen und Männer energiegeladene, themen­gebundene Hochstimmungen sozusagen nonstop produzieren, die sie erfolgreich machen, ihrem Leben Sinn und Bedeutung verleihen und nicht enden wollende Befriedigungsgefühle nach sich ziehen, kann süchtig machen. Denken Sie daran, bevor Sie lesen!

 

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